Publikaturist und Gary-Glotz-Kreativchef Peter „Bulo“ Böhling ist davon überzeugt, dass jetzt das goldene Zeitalter des Handwerks beginnt. Controller, Designer, Marketer, Texter – sie alle sind mehr denn je ersetzbar, wie er in seiner heutigen Kolumne feststellt. Und das hätten sie sich zum Teil selbst eingebrockt.

von Bulo

Die Medientage sind vorbei und mit ihnen die Hoffnung, dass alles schon nicht so schlimm werden wird. Dass die KI uns letztlich doch mehr Segen als Unheil bringt und dass von irgendwoher schon ein kleines Lichtlein kommt. Spoiler: Ja, nee, eben nicht! Und damit sieht die Zukunft leider nicht ganz so rosig aus. Zumindest nicht die in den Medien, der Werbung oder dem Marketing. Es sei denn, Sie sind jemand, der dieses Licht einbauen oder reparieren kann. Richtig, ein Handwerker. Denn deren goldenes Zeitalter beginnt gerade erst. Künstliche Intelligenz kann zwar in Nanosekunden ein ganzes Fair-Trade-Kaffee-schlürfendes Kreativteam ersetzen, repariert kaputte Rollläden, Klos, Heizungen oder eben Beleuchtungsanlagen aber sicher noch jahrzehntelang nicht.

Damals, als wir uns an den Konfi-Tischen für unersetzlich hielten, schwitzte der Installateur bei uns zu Hause und reparierte den Abfluss, den wir mit dem ganzen Scheiß der einst üppigen Branchen-Buffets verstopft hatten. Stets irgendwie belächelt, weil sich viele als die großen Strategen sahen, ihn aber nur als Stöpselzieher. Dank Chatten und Tschipitien wird immer klarer, wer am Ende des Tages wirklich unverzichtbar ist – und es sind nicht die, die mit Content klempnern. Unsere Werkzeuge sind Hypes, ihre sind Hämmer. Wir reden über Trends, die in sechs Monaten niemand mehr kennt, sie reparieren Dinge, die in sechs Jahren noch halten.

Ein Medienprojekt kann mit so viel Tamtam auf den Markt kommen wie ein Rockkonzert, nur um dann zu implodieren wie eine überhitzte Glühbirne. Ein Handwerker hingegen bekommt nur dann eine gewischt, wenn er falsch verdrahtet – und selbst dann hat er zumindest eine gescheite Story, die er in der Kneipe tellen kann. Im Gegensatz zu uns, die wir nur unseren Abschied aus dem nächsten gescheiterten Start-up zu verkünden haben. Ganz zu schweigen von der Bezahlung! Wir Medienfuzzis hocken in unseren Großraumbüros, und warten (oft vergebens) auf das große Geld, das angeblich mit dem nächsten Klick kommt. Die Handwerker kriegen ihr Geld. Meist sogar mit Vorkasse. Und zwar für etwas, das man anfassen kann.

Es ist, als würde man Äpfel mit Sternschnuppen vergleichen. Der Himmelsgucker hat eine romantische Geschichte, aber der Apfelpflücker was für den Magen. Und wer zahlt die Rechnungen am Monatsende? Der, der was zu Fressen hat. Ich will nicht behaupten, dass unsere Arbeit keine Daseinsberechtigung hat. Irgendwer muss ja auch für Entertainment sorgen. Aber während wir Produkte und Messages auf Hochglanz polieren, lacht sich der Elektriker ins Fäustchen. Weil er weiß, dass er nicht nur uns, sondern auch unsere Company mit Strom versorgen muss. Und wenn der ausfällt, kann unser Medienkosmos so schnell im Dunkeln enden wie unsere Karrieren. Wenn die nächste Krise kommt – und sie kommt immer – dann werden die, die eine Zange statt einer Maus bewegen, diejenigen sein, die am Ende noch auf der soliden Leiter stehen.

Und wir? Haben vielleicht eine Million Klicks gesammelt. Aber was ist das wert, wenn die Heizung nicht mehr geht? Ein Handwerker schüttelt den Kopf, wenn er hört, dass wir uns selbigen über eine „Brand-Awareness-Kampagne“ zerbrechen. Seine Kampagne läuft besser: Er repariert den Brand, bevor er entsteht. Damit ist er zu Recht Profiteur des Dilemmas, an dem wir in der Vergangenheit alle fleißig, karrieregeil und eitel mitgewirkt haben. Ich wünsche Ihnen eine Restwoche mit wenig Dach- oder sonstigen Schäden! Bleiben Sie demütig für die Erkenntnis, dass die Dinge nicht in Stein gemeißelt sind, und die, die meißeln können, eine der wenigen Konstanten der Berufswelt sind.

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Publikaturist und Gary-Glotz-Kreativchef Peter “Bulo” Böhling ist davon überzeugt, dass jetzt das goldene Zeitalter des Handwerks beginnt. Controller, Designer, Marketer, Texter – sie alle sind mehr denn je ersetzbar, wie er in seiner heutigen Kolumne feststellt. Und das hätten sie sich zum Teil selbst eingebrockt.


von Bulo


Die Medientage sind vorbei und mit ihnen die Hoffnung, dass alles schon nicht so schlimm werden wird. Dass die KI uns letztlich doch mehr Segen als Unheil bringt und dass von irgendwoher schon ein kleines Lichtlein kommt. Spoiler: Ja, nee, eben nicht! Und damit sieht die Zukunft leider nicht ganz so rosig aus. Zumindest nicht die in den Medien, der Werbung oder dem Marketing. Es sei denn, Sie sind jemand, der dieses Licht einbauen oder reparieren kann. Richtig, ein Handwerker. Denn deren goldenes Zeitalter beginnt gerade erst. Künstliche Intelligenz kann zwar in Nanosekunden ein ganzes Fair-Trade-Kaffee-schlürfendes Kreativteam ersetzen, repariert kaputte Rollläden, Klos, Heizungen oder eben Beleuchtungsanlagen aber sicher noch jahrzehntelang nicht.


Damals, als wir uns an den Konfi-Tischen für unersetzlich hielten, schwitzte der Installateur bei uns zu Hause und reparierte den Abfluss, den wir mit dem ganzen Scheiß der einst üppigen Branchen-Buffets verstopft hatten. Stets irgendwie belächelt, weil sich viele als die großen Strategen sahen, ihn aber nur als Stöpselzieher. Dank Chatten und Tschipitien wird immer klarer, wer am Ende des Tages wirklich unverzichtbar ist – und es sind nicht die, die mit Content klempnern. Unsere Werkzeuge sind Hypes, ihre sind Hämmer. Wir reden über Trends, die in sechs Monaten niemand mehr kennt, sie reparieren Dinge, die in sechs Jahren noch halten.


Ein Medienprojekt kann mit so viel Tamtam auf den Markt kommen wie ein Rockkonzert, nur um dann zu implodieren wie eine überhitzte Glühbirne. Ein Handwerker hingegen bekommt nur dann eine gewischt, wenn er falsch verdrahtet – und selbst dann hat er zumindest eine gescheite Story, die er in der Kneipe tellen kann. Im Gegensatz zu uns, die wir nur unseren Abschied aus dem nächsten gescheiterten Start-up zu verkünden haben. Ganz zu schweigen von der Bezahlung! Wir Medienfuzzis hocken in unseren Großraumbüros, und warten (oft vergebens) auf das große Geld, das angeblich mit dem nächsten Klick kommt. Die Handwerker kriegen ihr Geld. Meist sogar mit Vorkasse. Und zwar für etwas, das man anfassen kann.


Es ist, als würde man Äpfel mit Sternschnuppen vergleichen. Der Himmelsgucker hat eine romantische Geschichte, aber der Apfelpflücker was für den Magen. Und wer zahlt die Rechnungen am Monatsende? Der, der was zu Fressen hat. Ich will nicht behaupten, dass unsere Arbeit keine Daseinsberechtigung hat. Irgendwer muss ja auch für Entertainment sorgen. Aber während wir Produkte und Messages auf Hochglanz polieren, lacht sich der Elektriker ins Fäustchen. Weil er weiß, dass er nicht nur uns, sondern auch unsere Company mit Strom versorgen muss. Und wenn der ausfällt, kann unser Medienkosmos so schnell im Dunkeln enden wie unsere Karrieren. Wenn die nächste Krise kommt – und sie kommt immer – dann werden die, die eine Zange statt einer Maus bewegen, diejenigen sein, die am Ende noch auf der soliden Leiter stehen.


Und wir? Haben vielleicht eine Million Klicks gesammelt. Aber was ist das wert, wenn die Heizung nicht mehr geht? Ein Handwerker schüttelt den Kopf, wenn er hört, dass wir uns selbigen über eine „Brand-Awareness-Kampagne“ zerbrechen. Seine Kampagne läuft besser: Er repariert den Brand, bevor er entsteht. Damit ist er zu Recht Profiteur des Dilemmas, an dem wir in der Vergangenheit alle fleißig, karrieregeil und eitel mitgewirkt haben. Ich wünsche Ihnen eine Restwoche mit wenig Dach- oder sonstigen Schäden! Bleiben Sie demütig für die Erkenntnis, dass die Dinge nicht in Stein gemeißelt sind, und die, die meißeln können, eine der wenigen Konstanten der Berufswelt sind.


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